Grußwort des Präsidenten der Republik Italien

Giorgio Napolitano

in Erwiderung des Grußworts des Vize-Ministerpräsidenten Bayerns

Martin Zeil

München, 27. Februar 2013

  Text in italienischer Sprache

Sehr geehrter Vize-Ministerpräsident des Freistaats Bayern,

sehr geehrte Frau Zeil,

verehrte Persönlichkeiten,

meine Damen und Herren,

Herr Vize-Ministerpräsident, ich bedanke mich für die zum Ausdruck gebrachte Freundschaft gegenüber Italien und für den herzlichen Empfang, der mir und meiner Frau Clio auf dieser ersten Etappe meines Staatsbesuchs in Deutschland bereitet wurde.

Ich beginne meine Reise in dem Teil Deutschlands, der für einen Italiener geografisch, historisch und kulturell gesehen das “benachbarte Deutschland” darstellt. Und diese Nähe sieht man auch.

Man spürt diese Nähe in den alten Bindungen, die tief in der Geschichte Europas verwurzelt sind. Man sieht sie in diesem prachtvollen Renaissancesaal des “Antiquarium”, in dem wir heute zu Gast sind, in dem die Einflüsse der italienischen Kunst sichtbar werden, die im Laufe der Jahrhunderte die architektonische Entwicklung der höchst eindrucksvollen “Residenz” geprägt haben. Diese Verweise zeugen von den engen Bindungen, auch über die rein kulturellen hinaus, die zwischen dem Freistaat Bayern und Italien bestehen.

Dies sieht man auch heute an der lebendigen und dynamischen italienischen Präsenz. Fast 100.000 Italiener leben im größten deutschen Bundesland. Sie sind gut integriert im gesellschaftlichen Leben und ihr geschätzter Beitrag zum Wachstum Bayerns (wie man mir sagt, sind über 300 junge Italiener in den hier angesiedelten angesehenen Forschungs-einrichtungen beschäftigt), was mich und Italien mit Stolz erfüllt.

Die engen Bindungen werden auch in den außerordentlich intensiven Handels-beziehungen und im beachtlichen Umfang direkter gegenseitiger Investitionen deutlich. Die Lebendigkeit der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Italien und Bayern wird bestätigt durch die Anwesenheit bedeutender Vertreter italienischer und bayerischer Industrie-konzerne und Finanzinstitute an diesem Tisch. Ihnen allen gelten meine Glückwünsche und die besten Wünsche für eine weitere Vertiefung und Erfolg bei ihren Unternehmungen.

Und gleichermaßen verbindet uns auch die Zusammenarbeit in den Bereichen Kunst, Kultur und Universitäten, die heute ebenfalls würdig vertreten sind. Und wie könnte ich vergessen, wie sehr uns die Musik verbindet – vielen Dank, dass Sie gestern Abend den 200. Geburtstag von Verdi geehrt haben – und den Beitrag von Maestro Wolfgang Sawallisch, der vor wenigen Tagen von uns gegangen ist und in Italien genau so sehr geliebt wird wie in seiner Heimatstadt München?

Uns verbindet eine intensive Gemeinschaft des Glaubens und religiöser Werte. Ich kann nicht vergessen, dass Bayern das Geburtsland des Papstes, seiner Heiligkeit Benedikt XVI., ist, von dem ich mich vor wenigen Tagen verabschiedet habe und an den ich heute sehr bewegt und voller Zuneigung denke, und voller Bewunderung für die Verantwortung, die er angesichts der Prüfungen seines Amtes in einem für die katholische Kirche entscheidenden Augenblick gezeigt hat.

Diese Nähe der Menschen, der Geschichte und der Kulturen gedeiht heute im Schatten der Religionsfreiheit, der wachsenden Menschenrechte, der Freizügigkeit der Personen und des sozialen Schutzes, welche durch die Zugehörigkeit unserer Länder zur Europäischen Union gewährleistet werden.

Diese intensiven Beziehungen können im Rahmen der Entwicklung der bereits bedeutenden Zusammenarbeit mit den norditalienischen Regionen und deren Erweiterung auf weitere italienische Regionen noch gestärkt werden, die in der Lage sind, die Herausforderungen einer starken Öffnung und Ausrichtung auf Europa und die ganze Welt anzunehmen.

Diese Integration erfordert auch eine verbesserte Kommunikation und gegenseitiges Verstehen und führt daher über mehr Engagement für Deutschunterricht in Italien und Italienischunterricht in Bayern. Wir müssen in der Lage sein, direkt miteinander zu sprechen, ohne Filter und ohne Sprachgrenzen. In dieser Hinsicht würde ich mir wünschen, dass das Vorhaben einer privaten zweisprachigen deutsch-italienischen Schule in München die größtmögliche Unterstützung der beiden Regierungen erfährt.

Mit diesen Wünschen erhebe ich mein Glas, um auf die enge Freundschaft zwischen Italien, Bayern und Deutschland zu trinken, auf die Nähe zwischen unseren Städten und unseren Regionen, auf den Wohlstand und das Wohlergehen der bayerischen und italienischen Bürger.